Pferderecht von A-Z
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Verletzung bei Machtkämpfen von Pferden

Die Unterzeichnende hat bereits über neue Entscheidungen zur Haftung des Tierhalters gem. § 833 BGB bei Schäden im Zusammenhang mit der Begegnung von Pferden sowie der auch von dem verletzten Pferd ausgehenden sog. mitwirkenden Tiergefahr, die sich zu Lasten des Anspruchsstellers anspruchsmindernd auswirkt, berichtet. Da jetzt die Weidesaison los geht und auch bald Absetzer bzw. Jährlinge in Gruppen zusammengestellt werden, hier noch eine Ergänzung:
1. Das OLG Düsseldorf (Urt. V. 11.12.98) hatte über einen Fall zu entscheiden wo der Kläger sein Hengstfohlen zu dem Beklagten, der in seinem landwirtschaftlichen Betrieb auch eigene Fohlen aufzieht, gebracht hatte. Der Beklagte stallte das Fohlen zusammen mit seinem eigenen Hengstfohlen in einer Laufbox zusammen ein. Beide Tiere waren schon in der Weidesaison im Jahr vorher gemeinsam gehalten worden. Nach der dritten Nacht wurde das Fohlen des Klägers - offenkundig aufgrund einer Schlagverletzung - mit einem Bruch des Hinterbeines vorgefunden. Das Fohlen des Klägers musste notgetötet werden. Es steht außer Frage, dass der Beklagte für die von seinem Hengst ausgehende Tiergefahr gem. § 833 Abs. 1 BGB haftet, denn im Ausschlagen eines Pferdes verwirklicht sich die spezifische Tiergefahr, d. h. es verwirklicht sich die durch die Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens hervorgerufene Gefährdung von Leib, Gesundheit und Eigentum Dritter.
2. Allerdings hat das Gericht dem Kläger in entsprechender Anwendung des § 254 Abs. 1 BGB (Mitverschulden) die mitwirkende Tiergefahr seines Pferdes zur Hälfte angerechnet. Denn diese Vorschrift sei nicht nur dann anzuwenden, wenn ein fremdes und ein eigenes Tier zusammen einen Schaden an einem dritten Rechtsgut verursacht hätten, sondern auch dann, wenn Tiere verschiedene Halter sich gegenseitig verletzen oder wenn -wie hier- eines der beiden Tiere verletzt werde und dabei die Tiergefahr des verletzten Tieres als mitverursachender Umstand mitgewirkt habe. Das Gericht hatte einen Sachverständigen befragt, der erläutert hat, bei Hengsten dieses Alters bestehe aufgrund altersbedingter Rangordnungsauseinandersetzungen und des Dominanztriebes immer die Gefahr von Machtkämpfen, die auch dann nicht ganz auszuschließen sei, wenn fachgerecht eine Gewöhnungsphase durchgeführt wurde. Vor diesem Hintergrund hat das Gericht ausgeführt: Kommt es durch die Rivalität zweier etwa gleichaltriger junger Hengste zu einer Verletzung, so ist die Eigenart junger Hengste nicht nur auf Seiten des verletzenden Hengstes ursächlich gewesen, denn dessen Verhalten ist die Reaktion auf die Wirkung, die der mit ihm zusammen eingestallte Hengst hervorgerufen hat. Beide Faktoren haben im gleichen Maße zu der Verletzung beigetragen. An dieser Entscheidung ist hervorzuheben, dass niemand gesehen hat, wie es zu der Verletzung gekommen ist. Dies ist eigentlich eine übliche Konstellation, denn meistens geschehen Verletzungen in einem unbeobachteten Augenblick.
Das Gericht hat aber klipp und klar gesagt, dass nicht nur das Verhalten des verletzenden Pferdes zu beachten ist, sondern dessen Verhalten nur eine Reaktion auf das Verhalten des anderen Pferdes darstellt. Ähnliche Entscheidungen hat es auch bei anderen Weideverletzungen gegeben, wenn Pferde -auch spielerisch- miteinander rangeln. Auch dann reagiert das verletzende Pferd nur auf das Verhalten des anderen Pferdes. Dies kann sogar so weit gehen, dass das später verletzte Pferd sich eigentlich sogar ganz passiv verhält und möglicherweise lediglich die Individualdistanz des anderen Pferdes unterschreitet und auf dieser Weise eine Abwehrreaktion hervorruft. Problematisch sind selbstverständlich diejenigen Fälle, wo mehr als zwei Pferde auf der Weide oder im Laufstall etc. gehalten werden. Wenn hier ein Pferd verletzt aufgefunden wird, muß dessen Eigentümer beweisen, welches andere Pferd die Verletzungen verursacht hat. Dies kann teilweise zu unlösbaren Problemen führen, wenn niemand den Vorfall beobachtet hat.
3. Außer der vom verletzten Tier ausgehenden mitwirkenden Tiergefahr ist selbstverständlich noch ein Mitverschulden der beteiligten Pferdebesitzer zu prüfen, § 254 BGB. Hier sind viele Varianten möglich. Die Pferde sind, bevor sie zusammen gelassen werden, in geeigneter Art und Weise aneinander zu gewöhnen. Wenn sich Anzeichen von Unverträglichkeit ergeben, muß sofort reagiert werden und die Gruppe anders zusammengestellt werden. Es kommen auch viele Arten menschlichen Fehlverhaltens dazu, wie z. B. Füttern auf der Weide oder Drängelei beim Herausholen von Pferden. Hier muss dann dafür gesorgt werden, dass die erforderliche Anzahl von Führpersonen vorhanden ist, um die Pferde geordnet von der Weide zu bringen.
4. Ich habe schon oft darauf hingewiesen, dass kein Fall wie der andere ist und dass es deshalb auch kaum möglich ist, von einem Fall auf den anderen zu schließen. Es ist immer erforderlich, den jeweiligen Sachverhalt gründlich zu prüfen.


Wer haftet wann bei Pferdeverletzungen?

Nun beginnt die Weidesaison. Weidegang ist die natürlichste Haltungsform für ein Pferd — es kann fressen, sich frei bewegen und allein oder in der Herdenhaltung herumtollen. Doch mit dem alljährlichen Beginn der Weidesaison entsteht immer wieder eine Vielzahl von Problemen: Schon die Zusammenstellung der Herdengruppen lösen bei Pferdehalter und Weide-Eigentümer stets die gleichen Ängste aus: Ob auch in diesem Jahr alles gut gehen wird?

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat im Jahr 1998 über einen Fall entschieden, in dem der Kläger seinen Jährling zu dem Beklagten, einem landwirtschaftlichen Betrieb mit eigener Fohlenaufzucht, zur Weidehaltung gebracht hat. Der Youngster des Klägers kam wie bereits im Vorjahr zusammen mit den Jährlingen des Beklagten auf die Weide. Nach der dritten Nacht in Weidehaltung wurde das Pferd des Klägers mit Bruch eines Hinterbeines gefunden. Festgestellt wurde eine Schlagverletzung als offenkundige Ursache. Der Jährling des Klägers musste noch vor Ort eingeschläfert werden.

Es steht außer Frage, dass der Beklagte für die von seinen Pferden ausgehende Tiergefahr gemäß § 833 Abs. 1 BGB haftet. Denn mit dem Ausschlagen eines Pferdes entsteht eine so genannte spezifische Tiergefahr, die sich ob der Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens verwirklicht. Das Düsseldorfer OLG hat dem Kläger jedoch keinen vollen Schadensersatz zugesprochen:

Das Gericht hat dem Kläger die Anwendung des § 254 Abs. 1 BGB, der das Mitverschulden regelt, die mitwirkende Tiergefahr seines Pferdes zur Hälfte angerechnet. Das Oberlandesgericht Düsseldorf begründete seine Entscheidung damit, dass die spezifische Tiergefahr des verletzten Tieres als mit verursachender Umstand bei der vorangegangenen Rangelei der Jährlinge auch Einfluss gehabt haben muss. Diese Gefahr sei auch nicht auszuschließen, wenn vor Beginn der Weidehaltung eine Gewöhnungsphase der Tiere aneinander durchgeführt wurde. Das erste Fazit heißt also, dass im Verletzungsfall eine 100 %-ige Haftung des Weide-Eigentümers nur in Ausnahmefällen möglich ist und — für den Halter zum Schaden am eigenen Pferd meist auch noch eine Haftungsquote hinzukommt.

Ein Pferd hat eine Haftungsquote – was bedeutet das?
Wenn Pferde miteinander rangeln, ihre Rangordnung herstellen und toben und dabei ein Pferd verletzt wird, gilt zunächst der Grundsatz, dass das verletzte Pferd nur auf das Verhalten eines anderen Pferdes reagiert hat. Das kann sogar so weit gehen, dass das später verletzte Pferd sich ursprünglich passiv verhielt und vielleicht im Versehen die Individualdistanz eines anderen Pferdes unterschritt, das daraufhin instinktiv reagierte. Damit bleibt im Regelfall eine Mithaftung immer auch beim Halter des verletzten Pferdes.

Ist das immer so?
Nein! Andere Regelungen gelten beispielsweise für einen Fall, in dem ein Pferd scheinbar grundlos und aus reiner Bösartigkeit auf ein anderes Pferd losgeht, ohne dass dies den Angriff in irgendeiner Weise provoziert hat. Die Beweispflicht dafür obliegt hierbei beim Halter des verletzten Pferdes. Problematisch sind im Verletzungsfall also immer die Fälle, in denen mehr als zwei Pferde auf einer Weide gehalten werden. Wird hier ein Pferd verletzt aufgefunden, muss der Halter des verletzten Pferdes beweisen, welches andere Pferd die Verletzung verursacht hat. Wenn aber niemand den genauen Vorgang beobachtete, sind erhebliche Probleme bei der Klärung des Falles zu erwarten.
Gibt es auch ein Mitverschulden des Pferdehalters?
Natürlich! Neben der auch von einem verletzten Pferd ausgehenden Tiergefahr ist auch das Mitverschulden des jeweiligen Pferdehalters zu prüfen. Eine Mitschuld wird durch § 254 BGB geregelt. Hier sind viele Varianten möglich: Einige Beispiele, die Frühjahr für Frühjahr beobachtet werden können, sind solche Fälle, in denen die Pferde nicht in geeigneter Art und Weise zuvor aneinander gewöhnt wurden und unüberlegt zusammengestellte Gruppen auf eine Weide gebracht wurden. Da wird ein "stallbekannter Schlägertyp" mit einem Pferd zusammengestellt, das wegen einer Sehnenverletzung im vorangegangenen Jahr auf gar keinen Fall wild toben oder flüchten soll oder "hengstige Wallache" kommen mit anderen dominanten Herdenmitgliedern in eine Gruppe. Beobachtet wird auch, dass auf rundum beschlagene Sportpferde, die den ganzen Winter über kaum Sozialkontakte hatten, mit rangniedrigen Jungpferden zusammengestellt werden, ohne dass es die Pferdehalter kümmert.
Hinzu kommt menschlichen Fehlverhalten, wie zum Beispiel das Füttern einzelner Pferde auf der Weide oder das Zurücklassen eines Tieres allein auf der Tagesweide.

Hier hilft eine spezielle Weideordnung mit klarer Regulierung, die jedem Einsteller vor Beginn der Weidesaison ausgehändigt wird und deren Kenntnisnahme der Pferdehalter durch seine Unterschrift dokumentiert.

Wie ist die Rechtslage, wenn das eigene Pferd auf einer fremden Weide beispielsweise durch eine unzureichende Umzäunung verletzt wird?

Grundsätzlich haftet der Weideinhaber dafür, dass das ihm anvertraute Pferd unversehrt bleibt. Die dabei von dem Weide-Eigentümer zu beachtenden Obhut- und Sorgfaltspflichten richten sich jedoch nach den Vereinbarungen der Parteien.


Generell gilt, dass die Einzäunung des für die Pferdehaltung vorgesehenen Weidelandes in einem ordnungsgemäßen und funktionsfähigen Zustand sein muss. Hat der Pferdehalter Mängel entdeckt, muss er Nachbesserung bis zur Wiederherstellung vereinbarten Zustandes verlangen oder aber auf die vorliegenden Umstände der Weidehaltung verzichten. Hat der Pferdehalter die ihm angebotene Art der Weidesicherung — beispielsweise durch Stacheldraht, Strohbänder, niedergetretene Zäune — zur Kenntnis genommen und ohne eine Mängelrüge akzeptiert, wird man ihm im Schadenfall ein Mitverschulden gemäß § 254 BGB anrechnen müssen, das sogar zum vollständigen Ausschluss seines Schadensersatzanspruches führen kann.

Grundsätzlich gilt daher, dass ein Pferdehalter die Umzäunung der Weide, für die der Vertrag abgeschlossen werden soll, in Augenschein nehmen und überprüfen muss, ob alles intakt ist.

Kann die Haftung ausgeschlossen werden?
Oft findet sich in den Pensionsverträgen die auch den Weidegang der Pferde regeln ein Haftungsausschluss des Betreibers: Damit möchten die Stallinhaber eine weitestgehende Haftungsminderung sicherstellen. Solche Haftungsbegrenzungen aber sind, wenn sie durch Formularverträge vorgenommen werden, insbesondere durch das Gesetz zur Regelung der allgemeinen Geschäftsbedingungen nur bedingt vertretbar. Hierbei ist zu beachten, dass ein Haftungsausschluss des Stallinhabers bei vorsätzlichem oder grob fahrlässigen Verhalten nicht greift. Eine eingeschränkte Haftung kann ausschließlich für Fälle leichter und allgemeiner Fahrlässigkeit im Einstellungsvertrag vorgenommen werden.



 

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